Latein – Ist das denn noch zeitgemäß?

…fragt sich vielleicht so mancher. Etwas provozierender vielleicht auch:“ Mit Cäsar kann ich keinen Bobby rufen“ oder: „Wenn Cicero Englisch gekannt hätte, hätte er sein ganzes Latein an der Garderobe des Forum Romanum abgegeben und wäre schleunigst nach Britannien gereist“!
Solche und ähnliche Formulierungen klingen uns unter Hohngelächter in den Ohren.

Und doch nehmen bundesweit über die Hälfte der Gymnasiasten am Lateinunterricht teil, neuerdings noch mit zehnprozentiger Steigerung.

Latein ist als Sprachsystem unübertroffen; seine elementare Kategorisierung fordert von uns Denkzwänge sprachlich logischer Art, die wir sonst in keiner anderen Sprache finden.

Die Präzision der Wortbildung bildet nicht umsonst die Grundlage der gesamten Wissenschafts–Terminologien. Hinzu kommt eine Grammatik, die die Beziehungen von Menschen und Sachverhalten viel genauer und umfassender ausdrückt als die Grammatik der meisten anderen Sprachen. Latein ist neben dem Griechischen die Mutter der Sprachen. Große Teile des Wortschatzes der anderen Sprachen stammen aus diesen beiden Sprachen.

Wie vor geraumer Zeit ein Anglist es so formulierte: „ Latein entfaltet seine Wirkung nur über Jahre, ich möchte es eine gemächliche Sprache nennen. Der Erfolg des Lateinischen liegt in seiner Stetigkeit des Lernens“.
Die Fähigkeit zur Abstraktion ist speziell bei Kindern nach neuester Erkenntnis viel größer und eher vorhanden als wir bisher dachten, ebenso wie die Fähigkeit zu einer enormen Gedächtnisleistung. Lernen, – so haben die Schüler Sigmund Freuds herausgefunden -,stärkt das „ Ich“.

Was wollen wir mehr? Wenn dann noch bei der Lektüre der römischen Schriftsteller, die in geistiger Auseinandersetzung mit den Griechen über Staatsmodelle, philosophische Fragestellungen und Verhaltensweisen des Menschen, Menschentypen, nachgedacht haben, bei unseren Schülern das Verständnis für die Welt erweitert wird und sie Ideologien mit dem Anspruch des absolut Neuen kritisch gegenüber stehen können, da sie von ihnen als alte Probleme erkannt werden, dann hat der Lateinunterricht einen Teil zur humanitas beigetragen.

Valete!