„Die Schuld der Mitläufer“ – Roman Grafe zu Gast an der SBS
Es ist kaum zu glauben, was Roman Grafe uns über die DDR berichtet. So gab es in der DDR beispielsweise schon in der neunten Klasse, also für Dreizehn- und Vierzehnjährige, verpflichtenden Umgang mit der Schusswaffe im Unterricht oder sogenanntes „Handgranatenzielwerfen“ – zur „Stärkung des Sozialismus und Sicherung des Weltfriedens“!
Dies liest der Journalist und Buchautor Roman Grafe, der selbst 1989 kurz vor dem Mauerfall aus der DDR floh, aus dem persönlichen Bericht eines ehemaligen DDR-Bürgers (veröffentlicht in „Die Schuld der Mitläufer – Anpassen oder Widerstehen in der DDR“ – Herausgeber: Roman Grafe).
Er tut dies im Rahmen einer Veranstaltungsreihe der Konrad-Adenauer-Stiftung, die zeitgeschichtliche Aufklärung über die DDR-Diktatur und die durch das SED-Regime verübten Verbrechen leisten möchte.
Grafe berichtet, dass sein Buch zwar von mehreren Landeszentralen für politische Bildung beworben werde, jedoch nur mit dem Untertitel „Anpassen oder Widerstehen in der DDR“, weil laut Grafe der Titel „Die Schuld der Mitläufer“ wohl zu „scharf“ gewesen sei.
Obwohl doch die Frage nach einer Schuld derjenigen, die einfach mitgelaufen sind und die vermeintliche Mehrheitsmeinung zu seinen Gunsten übernommen hat, eine sehr wesentliche ist. So hätten sich leider nur wenige in der DDR getraut, zu widerstehen und etwas Kritisches bspw. zum „Handgranatenzielwerfen“ und zahlreichen anderen schrecklichen Dingen zu sagen. Angst war dafür wohl ein wesentlicher Grund, denn schließlich drohten den angeblichen „Feinden des Sozialismus“ mehrere Jahre Zuchthaus, ein Staatsbürgerschaftsentzug und generell die Bespitzelung durch die Stasi, wenn sie beispielsweise keinen Wehrdienst bei der Nationalen Volksarmee leisten wollten oder wie der berühmte Liedermacher Wolf Biermann regierungskritische Lieder sangen.
So absurd es auch klingen mag, aber bereits ein Engagement bei der Verkehrspolizei wurde in der DDR als ebensolche „Stärkung des sozialistischen Staates und Sicherung des Weltfriedens“ angesehen.
P. Landahl, S.III