Alle guten Dinge sind drei: Jenkins’ Konzept, kulturell und spirituell noch Rätselhaftes mit Vertrautem in Verbindung zu bringen, hat uns schon mehrfach in den Bann gezogen. In der Vergangenheit haben wir bereits zwei Oratorien von Jenkins nicht nur musiziert, sondern auch inszeniert, um die Botschaften sinnlich erfahrbar zu machen und das Publikum emotional, intellektuell und spirituell zu bewegen. Einen Einblick gewinnen Sie in den folgenden Konzerttrailern
The armed man – A Mass for peace (Klang & Vision, 2013,
https://vimeo.com/107628347) und
Stabat mater (Licht&Klang&Tanz, 2015,
https://vimeo.com/123558200).
Nun freuten wir uns, das Requiem von Jenkins zu musizieren und Ihnen multiästhetisch zu präsentieren. ‚Requiem’ ist das erste Wort des Textes, der seit Jahrhunderten in der christlichen Begräbnisfeier zum Einsatz kommt. Das im Jahre 2005 uraufgeführte Requiem von Jenkins überschreitet jedoch die Grenzen der Tradition und schafft kulturelle und spirituelle Begegnungen zwischen der westlichen Welt und dem Fernen Osten. Denn in seinem Requiem hat Jenkins in den 800 Jahre alten lateinischen Text des christlichen Requiems fünf japanische Haikus eingefügt. Dabei handelt es sich um kurze Gedichte von Zen-Meistern und Dichtern, die angesichts des eigenen Todes die Vergänglichkeit und das Sterben thematisieren und in einer Augenblickerfahrung einfangen.
Musikalisch spannt Karl Jenkins einen Bogen vom höllischen Schrecken des Jüngsten Gerichts (Dies irae) bis zur himmlischen Erlösung (In Paradisum), von Hiphop-Rhythmen bis zu engelsgleichem Chorgesang. Die ausgewählten Haikus kombiniert Jenkins in seiner Vertonung meditativen Melodien der Shakuhachi, einer traditionellen japanischen Bambusflöte, die im Zen-Buddhismus ihren Ursprung hat. Als Shakuhachi-Meister konnten wir Dr. Jim Franklin gewinnen (www.bambusherz.de).
Inspiriert von Jenkins’ Collagetechnik integrierten wir in unsere Inszenierung zusätzlich eigene Elemente: eine chinesische Zither – die Guzheng, den Originalklang der japanischen Sprache, zudem Sound Design und schließlich Kalligraphie, die Kunst japanische Schriftzeichen, sogenannte Kanjis, zu malen.
V. Pünder
Leiterin des Sophie-Barat-Chores Hamburg
www.sophie-barat-chor.de
puender@sbshh.de
Eindrücke aus dem Vorkonzert im Februar 2019:
In der gotischen Backsteinkirche, Pfarrkirche St. Marien, im Herzen von Plau am See in Mecklenburg, erklingt die ewige Ruhe, als der Sophie-Barat-Chor am 24. Februar 2019 zum ersten Mal das gesamte Requiem von Karl Jenkins aufführt. Seit Ende August 2018 probt der Chor unter der Leitung von Veronika Pünder das Werk und aus den ersten vorsichtigen Begegnungen mit dem Requiem hat sich ein multidimensionales Kunstwerk entwickelt. Im Laufe von mehreren Proben, Sonderproben und einem lebhaftem Chorwochenende machte sich der Chor nicht nur mit den Noten vertraut, sondern auch mit der Bedeutung des Textes und dessen Herkunft. Zusätzlich hat der Chor das Werk mit Elementen, die Jenkins nicht vorgesehen hat, bereichert. Zum Beispiel um Vor- und Nachspiele zu den Haiku-Stücken, von Ze-Long Huang auf einer chinesischen Zither, auch Guzheng genannt, gespielt. Auch eine bildliche Darstellung einzelner Wörter durch Kalligraphie wurde präsentiert.
Nach so viel Vorbereitung war die Freude auf Plau am See groß und auch die drei Stunden im Bus gingen wie im Flug vorbei. Nach der Ankunft wurde erstmalig mit dem aus Berlin angereisten Shakuhachispieler Dr. Jim Franklin geprobt, wobei alle vor Staunen den einen oder anderen Einsatz fast verpasst hätten. Zusätzlich zu Dr. Franklin und Ze-Long begleiteten uns noch Sonja Wang und Christian Hallensleben auf dem Klavier sowie Lukas Pöllitsch mit der Querflöte.
Nach der Probe war erst einmal Zeit, das wunderschöne Wetter zu genießen und sich an der Vielfalt an selbstgebackenen Kuchen und Keksen zu stärken, die von Chormitgliedern gespendet worden waren. Zusätzlich gab es Tee und Kaffee von der freundlichen Kirchengemeinde von Plau am See. Viele nutzten die Zeit auch, um das idyllische Dorf mit seinen kleinen, gepflasterten Straßen und das entzückende Flussufer zu erkunden.
Anschließend versammelten sich alle für das Einsingen in der Sakristei der Kirche. Die Spannung stieg an. Ein letztes Mal Glückwünschen und dann ging es in den Chorraum auf die „Bühne“. Nach einer kurzen Begrüßung von Pfarrer Poppe stellte Frau Pünder kurz das Stück vor und es wurden stimmungsvolle Lichter angezündet. Dann ging es schon los und die ersten Töne erklangen in der Kirche.
Nach dem Konzert wurden das gute Gelingen und ein 18. Geburtstag mit einem Umtrunk gefeiert und nach mehreren Stunden des Singens stiegen alle mit guter Laune wieder in den Bus. Es wurde weiter gesungen, diesmal nicht Jenkins, sondern Happy Birthday.
Für alle, die nicht bei diesem Konzert dabei sein konnten, waren Christopher Hein und Jesse Roth vor Ort und machten Video- und Bildaufnahmen, um die atemberaubende Atmosphäre festzuhalten. Diese werden später zusehen sein. Natürlich besteht auch die Möglichkeit, den Sophie-Barat-Chor live im Kleinen Michel am 29.3.19 um 20 Uhr zu sehen. Dort wird die multidimensionale Gestaltung noch durch Licht- und Sounddesign ergänzt. Mit Spannung erwarten wir auch das Zusammenspiel mit dem Projektorchester – Streichern, Harfe, Horn und vier Perkussionisten!
L. Wegerbauer-Loock, S. II